Sex Education Schule

Sex Education für Lehrer*innen

Warum die Schule so wichtig ist für Sex Education, nicht nur in der Netflix Serie.

Die vierte und letzte Staffel der Netflix Erfolgsserie «Sex Education» ist soeben online gegangen. Wir dürfen ein letztes Mal zuschauen, wie sich unsere heissgeliebten Protagonist*innen in lustvolle und vielleicht auch weniger lustvolle Abenteuer stürzen. Grund genug für einen kurzen Rückblick auf die Serie, vor allem aber auf ihre Themen. In den vier Staffeln geht es um sexuelle Bildung für Schüler*innen, aber nicht nur. Denn sie thematisiert die Frage nach der Notwendigkeit sexueller Bildung für Lehrer*innen bzw. pädagogische Fachkräfte. Ähnlich dem englischen Sprichwort über Beziehungen «happy spouse, happy house» gilt für die sexuelle Bildung «sexually educated teachers, sexually educated students». Mit anderen Worten: Wenn Lehrer*innen im Bereich Sex Education kompetent sind, kommt dies den Schüler*innen merklich zugute (warum, könnt Ihr hier nachlesen).

Kommen wir zur Serie Sex Education. Auf der fleckigen Schultoilette, etwas abseits vom Schulbetrieb, wird eine Sextherapiepraxis betrieben. Obviously nicht von den Lehrer*innen, sondern von den beiden Jugendlichen Maeve und Otis. Warum sie das tun? Ganz einfach: Sexualität und sexuelle Bildung umfassen Themen wie Körper, Scham, Grenzen, Liebe, (Un-)Lust, Zuneigung, Geschlechterrollen, Identität und so weiter, die vor allem im jugendlichen präfrontalen Kortex ganz weit oben stehen – ganz im Unterschied zu Mathe und Co. Das heisst im Umkehrschluss: Egal, ob wir das wollen oder nicht, ob wir das gutheissen oder nicht: Es ist Realität! Warum also soll pädagogisches Personal, die Jugendlichen nicht dort abholen, wo sie stehen? Ich weiss, Mathe, Franz, Geschichte und so. Aber, wenn sich die Kinder und Jugendlichen in der Schule wohlfühlen, dann haben sie auch mehr Kapazität für Geschichte.

Nun liebe Lehrer*innen, Eltern und andere Neugierige, darf ich vorstellen: Der Sex Education-Crashkurs.

Schritt 1: Nehmt Kind und Katz, einen Snack und macht es Euch auf dem Sofa gemütlich. Schritt 2: Sucht im Netz nach der Serie «Heartstopper» und binged sie durch. Sehr gut! In Heartstopper geht es um eine Gruppe von Jugendlichen, die in der Schule ständig diskriminiert werden, weil sie nicht in das heteronormative Schema passen. Die Beziehungen innerhalb dieser Gruppe sind umso mehr von Fürsorglichkeit und Zärtlichkeit geprägt (Top Regie!). Zu ihnen gehört auch Charlie, dessen Outing als «schwul» zu Mobbing und existenzieller Selbstunsicherheit geführt hat. Bis auf zwei Lehrer*innen kriegt niemand etwas davon mit, die Diskriminierungen bleiben ungeahndet. Das Fach Geschichte bleibt bei Charlie auf der Strecke.

Nun wiederholt Schritt 1, dann geht zu Schritt 3: Sucht im Netz nach der Serie «Sex Education» und binged sie durch. Wunderbar! Neben Maeve und Otis lernt Ihr Eric und andere tolle Figuren kennen. Eric ist klug, ein fürsorglicher Freund, kommt aus einer religiösen nigerianisch-ghanaischen Familie, ist queer af und schafft es schliesslich nach viel Leid, dies zu zelebrieren. Das wird in Staffel 3 deutlich, als Eric seinen Moment mit «Nails, Hair, Hips, Heels» (googeln!) hat: Eric kann und will Eric sein mit allem, was zu Eric gehört: Lipgloss, Nagellack, Mascara, Buzzcut, wildes Shirt, Sexyness und Sinnlichkeit.

Zum Schluss geht jede*r in sich und fragt sich: Was ist mein Eric-Moment? Nehmt Euch Zeit dafür. So ist es gut. Hast Du etwas gefunden? Herzlichen Glückwunsch! Du hast den Sex Education-Crashkurs erfolgreich abgeschlossen.

PS: Liebe Lehrer*innen, zu beiden Serien sind bereits Didaktisierungen erschienen (nochmals googeln!).

Sabrina Lisi 971

Dr. Sabrina Lisi ist Dozentin und Forscherin an der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz und Expertin für Resilienz und Diversität. Wenn Sie Fragen haben, die sie gerne in dieser Rubrik beantwortet haben möchten, dann melden Sie sich hier.