Barbie2

Barbie Mania

Der Barbie Film bringt die Gender-Debatte in die Kinos. Und schlägt Brücken in einer sonst aufgebauschten Diskussion. Klingt absurd? Ist es auch.

Sie kann alles: Egal ob Ärztin, Fussballerin, Astronautin oder Präsidentin. Sie ist die Heldin unzähliger Kinderzimmer und durch sie wurde die Farbe Pink zum Lifestyle: Barbie.

Gleichzeitig ist sie auch die meistkritisierte Puppe weltweit. Sie ist der Innbegriff für ein ungesundes und unrealistisches Körperideal. Unglaublich lange Beine, schmale Hüfte, grosser Busen, Stupsnase und ein perfektes Lächeln- und schon haben wir das beste Vorbild für kleine Kinder.

Jahrelang wurde sie von Feministinnen verteufelt, nun soll ausgerechnet der neue Barbie Film der feministische Film des Jahres schlechthin sein. Aus Hollywood wohlgemerkt. Das kann ja nur schiefgehen dachte ich mir. Und wurde überrascht.

Schon Monate vor dem Release erinnerte mein Instagram-Feed an einen schrillenden pinken Fiebertraum, überall war nur noch Barbie (und manchmal ein wenig Ken).

Lena Schibli

Wenn sie heute „Barbie“ googeln, verwandelt sich ihre ganze Google-Suche kurzum in Pink. Ein Marketing-Coup par excellence von Mattel und Co. Seit Monaten wimmelt es von extra Barbie Filtern und Songs. Zur Einschätzung: #Barbie zählt auf TikTok 48 Milliarden Aufrufe; mehr als die Hälfte davon liegt in den zurückliegenden zwölf Monaten. Seit der Premiere Mitte Juli ist das Netz voller Videos von Fans, welche sich extra pink anziehen für das Kino Erlebnis. Kein Wunder gilt #Barbiecore als grösster Modetrend von 2023, eine neue Generation erobert sich das „Tussi-Sein“ als etwas Positives zurück.

Die zentrale Botschaft: Das Patriarchat schadet allen, unabhängig vom Geschlecht.

Was erstaunt ist, dass trotz des ganzen Barbie-Hype, die Hauptmessage von Produzentin Greta Gerwig und Margot Robbie (Barbie) nicht untergeht. Es gelingt ihnen nämlich das absurde; der Film „Barbie“, ist überraschend tiefgründig, hochaktuell, und voller Patriarchats Kritik, die auch beim Namen genannt wird. Nix da mit reinem oberflächlichem pinkem Barbie-Dreamland, wie es im Vorfeld in den Sozialen Medien propagiert wurde.

„Barbie“ ist unglaublich lustig und doch vielschichtig und bewegend. Spätestens als Barbie mit Ken aus dem Barbie-Land geht (um zu verhindern, dass Barbie Cellulite und flache Füsse bekommt) und die Miss Universe Kampagne als den Supreme Court der echten Welt hält, oder reale Teenager Barbie als Faschistin und Kapitalistin, die am ungesunden Körperbild so vieler Frauen schuld sei, beschimpfen, konnte ich mich nicht mehr halten vor Lachen.

«I am kenough»

Film Quote

Der heimliche Star ist Ryan Gosling (Ken). Kens Abenteuer im Barbie-Film zeigt die Herausforderungen auf, denen sich Jungen und Männer heute stellen müssen. Ken kann seinen Platz im matriarchalen Barbie-Land nicht finden und fühlt sich ignoriert, verletzt und allein. In etwas mehr als fünf Minuten löst Gosling in der Ballade "I'm Just Ken" den erzählerischen und emotionalen Bogen von Ken auf. Ken transformiert sich vom kleinlichen, rachsüchtigen Bösewicht in einen Mann, der sich in der toxischen Männlichkeit der Gesellschaft verfangen hat und dies nun einsieht.

Barbie fordert die Männer letztlich auf, sich ihre Männlichkeit neu vorzustellen. Sie bietet Männern die Möglichkeit, ihre Kämpfe zu spüren und anzusprechen, während sie gleichzeitig die Kämpfe der anderen (Barbies) akzeptieren und alle dazu ermutigen, sich für Unterstützung und Gleichberechtigung zusammenzuschliessen.

Barbie ist überspitzt, humorvoll, tiefgründig und vor allem sehr pink. Für manche ist der Feminismus zu weiss, für die anderen zu «woke». Doch was in der ganzen Barbie-Diskussion untergeht, ist das diverse Publikum, welche sich den Film überhaupt anschaut. Ich habe selten so ein durchmischtes Kinopublikum gesehen. Es zieht so viele unterschiedliche Menschen in die Kinos und verschiebt so die Geschlechterdebatte an neue, überraschende und absurde Orte.

Barbie jetzt im Kino

Lena Schibli ist Redaktorin und Geschichtsstudentin