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Männer wollen mehr als nur Geld verdienen

Unzufrieden sind Männer und Frauen. Die jüngere Generation ist bereit, die Erwerbsarbeit gerechter aufzuteilen, aber die Arbeitswelt hinkt dieser Entwicklung nach.

Gleichberechtigung heisst nicht nur bessere Chancen und weniger Benachteiligung für Frauen – sondern auch für Männer. Das mag sich provokant anhören, sind es doch klar Frauen, die vielerorts benachteiligt sind. Sie haben beispielsweise schlechtere Erwerbschancen und übernehmen nach wie vor einen Grossteil der Haus- und Erziehungsarbeit. Das heisst umgekehrt aber auch, dass Männer nach wie vor häufig die Rolle des Haupternährers einnehmen. Dass gerade jüngere Männer unter der Last der Versorgerrolle leiden, zeigt die Männerbefragung annabeau von der Zeitschrift annabelle und dem Forschungsinstitut Sotomo: Knapp 80 Prozent der unter 35-jährigen Männer, welche den Hauptbrocken des Haushaltseinkommens erwirtschaften, empfinden dies als Belastung.

Weniger Arbeit

Empfundene Belastung durch die Rolle als Hauptverdiener nach Alter
(«Sie erwirtschaften vorwiegend das Haushaltseinkommen. Empfinden Sie diese Verantwortung als Last?»)

«80% der unter 35-jährigen Männer, die den Hauptteil des Haushaltseinkommen erwirtschaften müssen, empfinden dies als Last.»

Sotomo Studie «Annabeau»

Junge Männer möchten mittlerweile eine präsentere Rolle in der Kindererziehung einnehmen, während junge Frauen eine grössere Erwerbsorientierung haben. In der Männerbefragung wie auch in der Frauenbefragung annajetzt wurde gefragt, wie das Arbeitspensum zwischen Müttern und Vätern aufgeteilt werden sollte. Generell ist das modernisierte traditionelle Erwerbsmodell 50:80 nach wie vor sehr beliebt. Im heterosexuellen Kontext bedeutet dies, dass Väter mit 80 Stellenprozent nach wie vor die finanzielle Hauptverantwortung tragen. Bei jüngeren Befragten unter 35 wird diese Verantwortung zumindest in der Idealvorstellung etwas gerechter aufgeteilt: Sie sind der Meinung, Mütter sollten 60 Prozent arbeiten und Väter 70 Prozent. Jüngere Generationen sehen also eine grössere Verantwortung bei den Vätern, wenn es um Erziehungsarbeit geht und bei den Müttern punkto Erwerbstätigkeit und Einkommen.

Männer frauen

Haltung bezüglich idealem Erwerbspensum für Eltern
(«Was ist aus Ihrer Sicht grundsätzlich das beste Erwerbsmodell für Familien mit Kindern? Wie hoch sollte das Arbeitspensum der beiden Elternteile sein?»)

Die Zahlen deuten darauf hin, dass sich die Rollenbilder in den Köpfen der jüngeren Generationen verändert haben. In der Realität scheitert dieses Vorhaben dann oft an strukturellen Problemen der Arbeitswelt: Frauen verdienen weniger und haben schlechtere Aufstiegschancen, arbeiten dafür öfter in typischen Frauenberufen und in niedrigeren Positionen, sodass Teilzeitarbeit möglich ist. Die Männer sind zum Zeitpunkt der Familienplanung oft etwas älter und verdienen daher (aber auch aufgrund des Gender Pay Gaps) mehr und haben eher Aufstiegsmöglichkeiten in Aussicht. Nicht nur lohnt es sich dann oft nicht, dass Mann das Pensum reduziert, meist ist dies noch immer nicht möglich.

Der Strukturwandel der Arbeitswelt hinkt dem gesellschaftlichen Strukturwandel hinterher – und behindert ihn dadurch massiv. Solange Frauen geringere Erwerbschancen haben, bleibt die grössere Last der finanziellen Versorgung an den Männern hängen, und der Hauptbrocken der Care-Arbeit an den Frauen.

Die Rollenbilder in den Köpfen der jungen Frauen und Männer haben sich geändert, jene in den Köpfen der Chefetagen und vor allem in institutionalisierten, tiefsitzenden Arbeitsorganisationsstrukturen noch zu wenig.

Anna John ist Social Researcher bei Sotomo