Laurin Mettler und Ben Landau Normen und Rollen – Blog
Laurin Mettler und Ben Landau

Wann ist ein Mann ein Mann?

Zwei junge Männer engagieren sich fürs Mannsein. Sie schrieben darüber eine spannende Vertiefungsarbeit, aber sie beschäftigen sich auch im Alltag mit neuer Männlichkeit. Sie experiementieren, entdecken, reden, diskutieren und weiten das männliche Rollenrepertorie in Arbeit und Freizeit aus. Die beiden sind noch in der Ausbildung zum Fachmann Kleinkindbetreuung, beide arbeiten als jeweils einzige Männer in einer Kita. Ich habe ein Zoom Video mit den beiden gemacht: Laurin Mettler (19) im Vintage-Hemd, er trägt seine langen Haare zu einem «Manbun» zusammengebunden, Ben Landau (17) hat ultrakurze Haare, beim Gestikulieren blitzen seine schwarz lackierten Fingernägel.

Was stört Euch am heutigen Männerbild?

Uns ist es immer noch viel zu eng. Männer müssen stark sein, sie müssen Erfolg haben. Heute stehen Jeff Bezos oder Elon Musk für den idealen Mann. Das reicht doch nicht!

Warum sollen Männer keinen Schmuck tragen? Oder Röcke? Warum sollen sie nicht zu ihren Schwächen stehen dürfen, Angst haben dürfen, den Erfolgsdruck ablegen?

Hat Euer Engagement für ein neues Mannsein mit dem Feminsimus zu tun?

Definitiv. (Die beiden überlegen, schauen einander an.) Feminismus ist die Gleichberechtigung aller Geschlechter. Das Loswerden des Männerbildes bringt dem Mann viele neue Rechte und Vorteile was auch ein Teil der Gleichberechtigung ist (Zum Beispiel das Tragen von Röcken, das zeigen von Angst und anderen Emotionen). Die einzigen, die Rechte abgeben müssen sind die Männer welche sich durch toxisch maskulines Verhalten und durch patriarchale Unterdrückung einen Weg an die Spitze der Gesellschaft verschaffen.

Ihr arbeitet in einer Kinderkrippe, wie ist die Reaktion der Kinder auf Eure Tabubrüche?

Kinder sind sehr offen und neugierig und stellen allgemein viele Fragen. Aber sie sind auch wahnsinnig geprägt durch enge Genderrollenbilder. Als ich einmal bei einem Verkleidungsspiel einen Rock anzog, meinte ein Junge, das gehe gar nicht. Aber dann fanden es alle lustig. In der Kita leben wir in einer Frauenwelt. Weil fast alle Mitarbeitenden Frauen sind, sind sie zur Norm geworden. Ein Stuhl welcher für Erwachsene gedacht sind, heisst bei uns beispielsweise Frauenstuhl, wir mussten ihn dann zum Erwachsenenstuhl umbenennen. Aber grundsätzlich freuen sich Kinder über männliche Rollenvielfalt. Sie gehen wunderbar damit um.

Allerdings sind wir beide immer wieder bestürzt wie eng geschlechtsbezogen das Spielzeugangebot ist und wie dominant die Geschlechterfarben sich im Alltag durchsetzen. Die meisten Jungs würden nie Rosa tragen, weil das als zu «weiblich» angesehen wird. Das ist schade. Es ist ja nur eine Farbe.

Feminismus ist für uns keine Bedrohung. Aber die Regeln für das Mannsein sind eine Bedrohung für uns, weil sie uns einschränken.

Ben Landau

Was bringt Euch Euer Engagement persönlich?

Es verändert uns. Es macht uns freier. Wir können über mehr Dinge offen reden. Wir gestalten unsere Beziehungen anders, unsere Freundschaften. Wir sind körperlicher geworden z.B. auch mit männlichen Freunden. Es ist uns weniger unwohl auch bei körperlicher Nähe. Für uns ist Männlichkeit nicht auf ein Geschlecht bezogen, toxische Männlichkeit ist eine Haltung, die auch von Frauen vertreten und gelebt werden kann.

Ein breiteres Rollenrepertoire macht uns offener, nicht nur für andere Männer, sondern für alle Menschen.

Gibt es Männer in der Öffentlichkeit welche diese Rolle durchbrechen?

Ja. Zum Beispiel Harry Styles , oder der Rapper und Sänger Lil Nas X., welche beide mit ihrem Erscheinen das typische Männerbild durchbrechen.

Aber es braucht auch Mut, oder?

Sicher. Es gibt auch Irritationen, Leute, die nicht gut damit umgehen können, aber die Frage ist doch: Wer nimmt Schaden, wenn wir einfach einmal mehr ausprobieren?

Wo seht ihr Lösungsansätze?

Wir sind der Meinung, dass dieses Problem nur gemeinsam lösbar ist. Dadurch das immer mehr Männer dieses typische Rollenbild durchbrechen, wollen wir dieses neue und offene Verhalten zur Norm machen. Dabei muss jüngeren Generationen gezeigt werden, dass Mannsein nicht auf ein Verhalten reduziert werden kann. Dafür braucht es viele Männer mit Mut und Freude am Ausprobieren.