Toleranz 1 Inklusive Sprache – Blog

Missverständnis um Toleranz

Wer tolerant ist, sagt nicht zu allem ja.

Missverständnis um Toleranz

Im Blogpost "Zumutung aushalten" ruft Lynn Blattmann zu mehr Toleranz auf und betont ihre Bedeutung für eine moderne, zukunftsfähige Gesellschaft. Toleranz ist zweifellos ein Eckpfeiler unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. Dennoch wird sie leider oft instrumentalisiert und teilweise auch falsch interpretiert. Es ist Zeit, hier einige Missverständnisse zu klären.

Toleranz bedeutet nicht, Hass zu akzeptieren. Es ist ein verbreitetes Missverständnis, dass Toleranz bedeuten würde, jede Aussage, auch wenn sie hasserfüllt oder diskriminierend ist zu tolerieren und mit einem Lächeln wegzustecken. Im Gegenteil, Toleranz schliesst ein, sich gegen Hass und Diskriminierung zu stellen und für eine gerechtere und respektvollere Gesellschaft einzutreten und die Rechte und Würde aller Menschen zu respektieren.

Ebenso bedeutet tolerant sein nicht, keine andere Meinung zu haben. Es geht nicht darum, jedem zuzustimmen oder gar alle Standpunkte als gleichwertig anzuerkennen. Vielmehr geht es darum, die Existenz anderer Meinungen zu akzeptieren und zu respektieren, selbst wenn wir sie nicht teilen. Toleranz erfordert die Fähigkeit, mit Vielfalt umzugehen und sich trotz unterschiedlicher Ansichten gegenseitig zu achten.

"Durch Empathie können wir die Welt durch die Augen anderer sehen."

Toleranz hat mit Empathie zu tun. Um wirklich tolerant zu sein, müssen wir empathisch sein. Empathie ermöglicht es uns, uns in die Perspektive anderer Menschen hineinzuversetzen und ihre Gedanken, Gefühle und Motivationen nachvollziehen zu können. Auch ohne damit einverstanden zu sein. Durch Empathie können wir die Welt durch die Augen anderer sehen.

Toleranz ist nichts, was man quasi mit einem Bildungsabschluss gratis mitgeliefert bekommt, sie ist das Ergebnis harter Selbstüberwindung, und sie ist oft schwieriger zu erreichen als ein Sixpack oder definierte Oberarme. Obwohl die meisten von uns nicht behaupten würden, immer gesundheitsbewusst oder vernünftig zu sein, gehen wir implizit davon aus, dass wir selbstverständlich sehr tolerant sind und zwar immer. Intolerant, das sind doch die anderen. Aber Hand aufs Herz: Wann haben Sie zum letzten Mal mit jemandem diskutiert, der glaubt, dass Frauen an den Herd gehören?

Sophie Achermann ist Geschäftsführerin der Open Discourse Foundation und Vorstandsmitglied von Geschlechtergerechter