Ich bin neunzehn. Es ist Juli, ich habe knappe Jean-shorts, offene Schuhe und ein Hemd an. In meinen Haaren sind wahrscheinlich mehr Produkte, als ich Kleidungsstücke anhabe und meine Nägel sind knallrot. Ich bin an einem Weiterbildungsseminar für akademisch begabte Studierende und als mir die etwas ältere S. diesen Satz sagt, brennt er sich in mein Gedächtnis und bleibt dort viele Jahre.
Ich wurde zu diesem Seminar als eine Vertreterin der Jugendpolitik eingeladen. Zu den «talentierten Studierenden» gehörte ich ganz und gar nicht. Drei Wochen davor habe ich meine Jura-Jahresprüfungen mit ganz wenig Erfolg und ganz viel Angst komplett verpfiffen. Das, zusammen mit meinem jungen Alter, liess mein Impostor-Syndrom innerhalb dieser Akademiker:innen-Bubble aufblühen. Obwohl ich politisch aktiv war und mich schon damals für Feminismus einsetzte, konnte ich diese Aussage nicht kontern und schwieg einfach.