Nicola Forster Normen und Rollen – Blog

Zusammenhalt, das wünsch ich mir

In Sachen Gleichstellung haben wir vieles schon erreicht. Einiges ist in Bewegung, anderes muss noch bewegt werden. Ans Ziel kommen wir nur gemeinsam.

Versetzen wir uns in eine Schweiz, in der Chancengleichheit gelebt wird. Alle Menschen haben die gleichen Möglichkeiten, Rechte und Pflichten. Alle Individuen werden mit Respekt behandelt. Lebensmodelle können unabhängig vom Geschlecht gewählt und gelebt werden. Wir haben Lohngleichheit, Gewaltfreiheit, eine faire Verteilung der unbezahlten Arbeit, die Individualbesteuerung und eine ausgeklügelte Elternzeit. Mensch ist einfach Mensch. Die Geschlechtervielfalt ist akzeptiert. Und die Schweiz ein Ort des Zusammenhalts.

Tönt illusorisch? Vielleicht ein wenig. Aber weit davon entfernt sind wir nicht.

Geduld lohnt sich

Der Weg dorthin ist aber sicherlich nicht nur einfach und in der Schweiz auch selten schnell. Fortschritt ist immer auch ein gesellschaftlicher Aushandlungsprozess. Dieser braucht Zeit, eine offene Debatte und häufig auch Geduld. Diverse Errungenschaften zeigen aber, dass es sich lohnt, diesen Weg zu gehen. Ich möchte nur ein paar Beispiele nennen: Das Stimm- und Wahlrecht für Frauen im Jahr 1971, der Erwerbsersatz bei Mutterschaft 2005, die Annahme des Vaterschaftsurlaubs 2020 oder jüngst das grosse Ja zur Ehe für alle. In der Schweiz geht vieles länger, manches dauert meiner Meinung nach zu lange. Dafür ist es aber oft auch nachhaltiger. Unsere Entscheide sind gesellschaftlich tiefer verankert, davon bin ich persönlich überzeugt.

Fortschritt ist immer auch ein gesellschaftlicher Aushandlungsprozess.

Nicola Forster

Vieles in Bewegung

Auch heute ist vieles in Bewegung. Das nehme ich auf dem politischen Parkett wahr, im beruflichen Alltag, aber auch in meinem ganz persönlichen Umfeld. So haben zum Beispiel bei allen Organisationen, die ich mitgegründet habe, früher oder später Frauen das Ruder übernommen und damit weitere Frauen motiviert, es ihnen gleichzutun. Ein weiteres Beispiel ist das Aufkommen der gemeinsamen Verantwortung von Leistungsaufgaben, die sogenannte Co-Leitung. Gemeinsam mit Corina Gredig lebe ich das Co-Präsidium bei den Grünliberalen im Kanton Zürich. Ein Modell, das meiner Meinung nach nicht nur super funktioniert, sondern uns alle auch bereichert und näher zusammenbringt. Oder da waren die Feierlichkeiten rund um das 50-Jahr-Jubiläum der Einführung des Frauenstimmrecht. Als neuer Präsident der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft SGG, die als Gastgeberin vom Rütli agiert, hatte ich das grosse Privileg, als einer der wenigen Männer am Frauenrütli teilzunehmen. Ob von den Bundesrätinnen oder von den Schülerinnen – die Message war klar: Wir haben vieles erreicht. Und das dürfen wir auch würdigen und feiern. Aber es gibt noch viel mehr zu erreichen. Diese positive Energie, diesen Schwung müssen wir mitnehmen. Und gemeinsam vorantreiben.

Aufeinander zugehen

Das schaffen wir aber nur, wenn wir unsere wohligen Bubbles verlassen. Denn solange wir uns in unseren Filterblasen bewegen, ziehen wir nicht alle am gleichen Strick. Vielmehr müssen wir die Debatte ergebnisoffen führen. Wir müssen uns austauschen mit Andersdenkenden und so mit kleinen – oder grossen – Schritten aufeinander zugehen. Wir müssen in der Geschlechterdebatte versuchen, über den eigenen Erfahrungshintergrund hinauszudenken – vor allem die, die zur Mehrheit gehören und gewisse Diskriminierungen nie erlebt haben. Denn Geschlecht ist nicht nur schwarz-weiss, sondern kunterbunt. Wir müssen unsere Handlungen, Prozesse und Strukturen stetig hinterfragen: ob beim Aufbau einer neuen Organisation, als Gesellschaft oder in den eigenen vier Wänden.

«Wir müssen in der Geschlechterdebatte versuchen, über den eigenen Erfahrungshintergrund hinauszudenken.»

Nicola Forster

Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt

Dafür braucht es eine Vernetzung von Organisationen, die sich mit gesellschaftsrelevanten Themen befassen. So schaffen wir gemeinsam neue, gesellschaftliche Lösungen. So stärken wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Schweiz. Denn Zusammenhalt wünsche ich mir für die Schweiz. Er ist der Schlüssel auf dem Weg zur gelebten Gleichstellung und zur Chancengleichheit. Davon bin ich überzeugt. Dafür lege ich meine Fliege ins Feuer.

#geschlechtergerechter setzt genau hier an. Als Präsident der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft SGG freue ich mich auf eine spannende Debatte. Nutzen wir dieses Momentum und bringen wir gemeinsam den Schweizerischen Zusammenhalt voran. Für die Chancengleichheit, aber auch für dich und mich.

Nicola Forster setzt sich als Präsident der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft SGG für den sozialen Zusammenhalt in der Schweiz ein.