Vertikales Bild64 Inklusive Sprache – Filmkritik

Feminism WTF 2/2

«Dieser Film ist eine Wucht!»

Feminismus ist die erfolgreichste soziale Bewegung des 20. Jahrhunderts und wird trotzdem immer wieder infrage gestellt. Die Regisseurin und Aktivistin Katharina Mückstein geht in ihrem neusten Film der Bewegung des Feminismus nach und ergründet, was Feminismus eigentlich ist.

Sie tut dies intellektuell und visuell. Besonders auffallend ist, dass die Expert*innen jeweils mit ihrer Kleidung farblich perfekt mit dem Hintergrund harmonieren. Als Hintergrundkulisse nutzt Regisseurin Mückstein leerstehende Büroräumlichkeiten, die mit Farbe aufgepeppt wurden. Zwischen den Gesprächen bringen Performances Abwechslung ins Geschehen. Damit kommt Bewegung in den sonst eher statischen Dokumentarfilm. Alle zu Wort kommenden Expert*innen sind Akademiker*innen. Dies macht den Film nicht immer leicht verständlich. Aber der Dokumentarfilm hält trotzdem einige Überraschungen bereit. Eindrücklich ist das Experiment mit der Zuschreibung von Geschlecht. Das Verhalten aller Personen ändert sich im Experiment abhängig davon, ob sie ein Kind als Junge oder als Mädchen lesen. Dies zeigt sich darin, dass sie die Tonlage verändern und auch andere Spielzeuge verwenden wenn sie glauben, es mit einem Jungen zu tun zu haben. Damit gehen sie verblüffend leicht den gesellschaftlichen Strukturen auf den Leim, was einen leicht beschämenden Effekt hat.

Wuchtig sind auch andere Szenen, die klar veranschaulichen, was in unserer Welt falsch läuft und wer von den herrschenden Machstrukturen profitiert und wer nicht.

Feministische Debatten werden eingeordnet und diskutiert, auch antifeministische Strömungen kommen zur Sprache.

Das Geschlecht ist oft der letzte Ort der Sicherheit in einer so stark von Unsicherheit geprägten Welt.

Sigrid Schmitz

Die Biologin Sigrid Schmitz erklärt, dass Geschlecht für viele der letzte Ort der Versicherung in einer unsicheren Welt sei. Viele Menschen haben Angst davor, vermeintlich sicher Geglaubtes zu verlieren und wehren sich daher dagegen. Die Kehrseite davon ist, dass Menschen in vielen Bereichen eingeschränkt werden und Diskriminierung erleben. Auch unser Wirtschaftssystem fusst auf der ungerecht verteilten Care-Arbeit, die immer noch mehrheitlich von Frauen gestemmt wird.

Das Thema Männer kommt erst nach einer knappen Stunde zur Sprache. Die Expert*innen zeigen auf, wie patriarchale Strukturen auch Männer in ihrer Lebensweise (gewaltvoll) einschränken. Spätestens hier wird klar, dass der Film über Feminismus auch Männer etwas angeht und sie sich diesen Film unbedingt ansehen sollten!

Mücksteins Film hat mich mit originellen und kraftvollen Bildern und den diversen und cleveren Persönlichkeiten überzeugt. Diese erklären, wie Feminismus mit Rassismus und Kapitalismuskritik zusammenhängt. «Feminism WTF» wird damit zu einer Art Gesamtkunstwerk, das kurzweilig aufzeigt, wie diese drei Phänomene gemeinsam wirken und nicht isoliert voneinander betrachtet, geschweige denn bekämpft werden können. Besonders gefallen hat mir, dass am Ende doch noch etwas Hoffnung aufkommt: gemeinsam können wir es schaffen!


FEMINISM WTF 1

«Feminism WTF» läuft zurzeit in ausgewählten Schweizer Kinos. Filmdauer: 96 Minuten.

Trailer