Als in den 1970er Jahren die Pille auch bei uns besser erhältlich wurde, konnten Frauen zum ersten Mal in der Geschichte wirklich selbst entscheiden, ob und wann sie Mutter werden wollten. Das war ein Meilenstein der Befreiung von Frauen, hat aber auch für die Männer vieles verändert.
Die Sexualität war jahrhundertelang eng und ungünstig mit der Kinderfrage verknüpft und die Angst vor einer Schwangerschaft bremste viele Paare aus. Eigentlich würde man meinen, dass seither alles einfacher geworden ist.
Dem ist jedoch nicht so. Klar können fruchtbare Frauen endlich persönlich entscheiden, ob sie Kinder haben wollen oder nicht, aber das Entscheidungsfenster ist kurz. Und es fällt für die meisten Frauen genau in die Zeit, des beruflichen Aufstiegs. Wenn sich eine Frau für ein Kind entscheidet, ist sie angewiesen auf Unterstützung aus dem privaten Umfeld. Die Kinderbetreuungsangebote sind in der Schweiz immer noch recht dünn ausgebaut und sehr teuer. Dies bedeutet, dass eine alleinerziehende Frau leicht in finanzielle Engpässe kommt.
Wer seinen Nachwuchs allein betreuen möchte und einen Partner oder eine Partnerin hat, sollte sich finanziell absichern. So unangenehm das klingen mag, aber ein Kinderentscheid hat immer mit Geld und Arbeitsteilung zu tun.
Spätestens wenn ein Kind gewünscht wird, sollte darüber gesprochen werden, wer wie viel Geld verdienen muss und wer wie viel Haus- und Familienarbeit leistet. Weil dies gesetzlich nicht genügend geregelt ist, sollten hier auch private Verträge geschlossen werden.
Vertrauen allein hat schon manche Frau in Verzweiflung gestürzt. Viele Frauen lehnen es jedoch bis heute ab, angesichts der Kinderfrage über Geld und Arbeitsteilung zu sprechen und dies für sich wirklich zu entscheiden. Damit wird verpasst, dass bessere und passendere Lösungen gefunden werden und am Ende sind dann die Frauen allein für die Kinder zuständig und wie verpassen damit viel auf dem Arbeitsmarkt.
Viele Mütter bereuen das später, viele Väter auch. Elternschaft ist ein wichtigerer Entscheid als die Berufswahl. Denn Berufe kann man hierzulande relativ leicht wechseln. Die Rolle und die Aufgaben in der Elternschaft sind langfädiger und können nur verändert werden, wenn mehrere Personen einverstanden sind.
A propos mehrere Personen. Die Kleinfamilie bestehend aus Mama, Papa und Kindern ist etwa so alt wie die Pille. Vorher wurden Kinder in grösseren Verbänden gross gezogen.
Bei reicheren Familien wurden die Hausangestellten mit einbezogen und in ärmeren Haushalten waren es oft die Grosseltern, unverheiratete Verwandte oder besser gestellte Verwandte, die einen Teil der Erziehung übernahmen. Das war zwar nicht immer besser für die Kinder, aber durch die grössere Zahl von Bezugspersonen konnten auch viele Probleme abgemildert werden.
Wer eine Familie gründen will, sollte dringend darüber nachdenken, ob nicht weitere Personen mit einbezogen werden sollten. Auch darüber sollte man offen reden und diskutieren. Nicht alle Grosseltern möchten sich ständig um den Nachwuchs ihrer Kinder kümmern.
Ich selbst wollte damals keine eigenen Kinder, als mich aber eine schwanger gewordene Freundin fragte, ob ich mich an ihrer Familie einen Tag pro Woche beteiligen wollte, war ich sofort Feuer und Flamme.
Ich leistete fortan wöchentlich einen Gottentag. 16 Jahre lang. Das war ein Schoggijob, der zu einer sehr engen und konfliktarmen Beziehung zum Kind meiner Freunde führte. Für mich war es die beste Entscheidung in meinem Leben. Ich habe heute einen "Sohn" für den ich klar mütterliche Gefühle hege, auf den ich sehr stolz bin und der von mir viel mehr gute Seiten gesehen hat als ein leibliches Kind.
Dies ist also ein Plädoyer für Kreativität bei der Elternschaft. Was waren Ihre Überlegungen punkto Kinder?