Ein Buch mit dem Titel «Der gekränkte Mann», das von einem Mann geschrieben wurde, das lässt aufhorchen. Seit wann reden denn Männer über ihre Gekränktheit?
Wer in das hellblaue Buch hineinliest, kann sich dem emotionalen Sog des Textes schlecht entziehen. Kränkung ist nämlich bei weitem nicht das einzige Gefühl, das den Journalisten umtreibt. Autor ist wütend, stellenweise trotzig, aber immer intelligent, gut zu lesen und oft auch erstaunlich witzig. Haberl spricht ein wichtiges Thema an: Die Entwicklung der Männlichkeit im Umfeld des Feminismus. Die Sache ist einfach: Wenn sich die Frauen verändern, andere Rollen übernehmen, unabhängiger werden und sich emanzipieren, dann verändert dies auch die Rolle der Männer.
Die Männlichkeit neu erfinden
«Ich bin bereit, meine Männlichkeit unserer Zeit anzupassen, aber nicht gedanken- und vorbehaltlos.» Schreibt Haberl am Ende des Vorworts, um dann gleich nachzuschieben: «Weil ich manches, das auf dem Prüfstand steht, für schützenswert halte.» Da steht einer ein für positiv besetzte Männlichkeit. Er beginnt bei seinem Vater, einem hingebungsvollen Hausarzt und setzt dann an zu einem Ritt quer durch die aktuelle Männlichkeitsdebatte. Dabei lässt er nichts aus, die alten weissen Männer, die toxischen Männer, die Helden, die allein in den Sonnenuntergang reiten und kehrt dann immer wieder zu den braven Ehemännern des Mittelstandes zurück, die tief verunsichert sind von der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung.
Immer wieder eckt er an, viele neuere Männlichkeitsentwürfe scheinen ihm nicht erstrebenswert. Er mag den aufgeklärten Hornbrillenmann nicht, der auf einmal nur noch Quittenmarmelade einkocht und sich einzig in der Kita engagiert. «Wo sind die Männer, die sich nicht optimieren, sondern verschwenden, die nicht achtsam, sondern aufrichtig sind, die sich im Kalender keine Brückentage anstreichen, sondern verrückt aufs Leben sind?» fragt er. Es geht ihm dabei nicht darum, die Emanzipation und ihre Auswirkungen zu verteufeln, aber für ihn sollte Männlichkeit mehr sein als ein Leben zu führen, das niemandem schadet.
Aus seinem Text spricht nicht nur Frust, sondern es sprüht auch die Lust nach neuen männlichen Lebensentwürfen, er will einen Mann, der «ein Mensch, (sein kann,) ohne Interdentalbürsten, lästige Erwartungen und sogar ohne den Druck, ihnen gerecht werden zu müssen.» An solchen Stellen blitzt eine kreative Freude an der Gestaltung neuer Männlichkeiten auf, die ansteckend sein könnte.
Ich habe das Buch als Frau sehr gerne gelesen und habe beim Lesen oft laut aufgelacht über die treffenden Beschreibungen und die gut recherchierten Zitate. Dieses Buch wurde jedoch in erster Linie für Männer geschrieben, daher eignet es sich bestens als Männergeschenk. Frau kann ja dann auch drin lesen, ausserdem führt das Buch garantiert zu spannenden Diskussionen!