Porno maennlichkeit

Porno und Männlichkeit

Durch Pornografie werden Geschlechterrollen in der Sexualität geformt, warum dies heute besonders gut reflektiert werden sollte, auch bei Jungs.

Noch nie zuvor war Pornografie in in derart riesigem Ausmass verfügbar wie heute, und noch nie war sie so leicht zugänglich. Das wäre an sich keine schlechte Entwicklung, wenn die Pornografie und die gelebte Sexualität gut miteinander verwoben wären. Leider ist dies ganz und gar nicht der Fall. Die in der Porografie dargestellten Rollenstereotypen sind oft krass und überholt, das gilt nicht nur für die Frauen, sondern in besonderem Masse auch für die Männer.

In dieser Studie stehen für einmal die jungen Männer im Fokus, das macht sie besonders wertvoll. Denn Pornografiekonsum und die Entwicklung von Männlichkeit hängen zusammen. Es ist bislang aber noch kaum untersucht, wie genau.

In der Pornografie werden vornehmlich Männlichkeitsbilder genutzt, die längst gesellschaftlich in Verruf geraten sind. Dies macht den Pornokonsum für junge Männer besonders heikel und herausfordernd.

Jungs sind heute «porn natives» das heisst, oft sind sie schon sehr früh mit mehr pornografischen Darstellungen in Kontakt gekommen als ihre Grossväter in ihrem ganzen Leben. Wie gelingt es Ihnen angesichts dieser einseitigen Beeinflussung, eine gesunde und ausgeglichene Männlichkeit zu entwickeln? Was lernen sie durch die Pornografie und wie können sie dies in ihr Bild und in ihre Praxis von Männlichkeit integrieren?

«Jungs sind heute porn natives»

Eine neue und gut gemachte Studie von Reinhart Winter und MitautorInnen führt uns mit detailliertem Material in diese Thematik ein. Sie macht schon auf den ersten Seiten nachdenklich. Auch wenn heute die Sexualität gesellschaftlich nicht mehr so abgespalten ist wie noch vor vierzig Jahren, wird die Vermittlung eines positiven Gefühls zur Sexualität immer noch nicht als gesellschaftliche Aufgabe angesehen. Die Folge ist, dass neugierige junge Menschen an Orte getrieben werden, wo ihre Neugier befriedigt wird. Nur leider wird ihnen im Pornografieangebot im Internet nicht das gezeigt, was sie für ihre Entwicklung brauchen. Was dies punkto Männlichkeit bedeutet, ist die zentrale Frage in dieser Studie.

Sie arbeitet mit sechs detaillierten Fallstudien, die einen differenzierten individuellen Einblick ermöglichen in die Vielschichtigkeit der individuellen sexuellen Entwicklung von jungen Männern zwischen 18 und 25 Jahren. In einem nächsten Kapitel geht es um soziologische Fragen wie um den neuen Woke Männlichkeitstyp, um Mannsein und Sexualität heute und darum, wann Jungs sich männlich fühlen und um Sex und Männlichkeit.

Pornogier, Pornorausch Pornomacht und Pornosucht kommen ebenso zur Sprache wie schlechte Gefühle und Porno-Kritik. In einem separaten Kapitel geht es um den Einfluss auf die Partnerschaft, um Normen, Moral und um Sexstress. Die Studie wird abgeschlossen durch einen Ausblick auf die "Zukünfte männlicher Sexualitäten".

Auch wenn sich die AutorInnen um einen unaufgeregten Ton bemühen, wühlt sie beim Lesen auf. Das Pornoversum ist immer noch ein männlich definierter Raum, wenn wir die Welt geschlechtergerechter machen wollen, müssen wir lernen, Pornografie nicht nur zu konsumieren, sondern auch darüber zu reden und zu diskutieren.

Winter, Reinhard, Porno, Sex und Männlichkeit, wie junge Männer Sexualität schaffen, Beltz Verlag Weinheim 2022.