Bildangepasst Buchkritik

«Frauen verbindet Euch!»

Wenn Frauen sich verbinden, werden sie erstens freier. Zweitens haben sie mehr Kraft, politische Forderungen zu stellen. Und drittens stellen sie die männliche Vorherrschaft infrage, so Franziska Schutzbach in ihrem neuen lesenswerten Buch.

In ihrem Bestseller «Die Erschöpfung der Frauen – Wider die weibliche Verfügbarkeit» schrieb Franziska Schutzbach, dass das wichtigste Rezept gegen die Erschöpfung von Frauen die Verbündung unter Frauen ist. Das neue Buch der Soziologin und Geschlechterforscherin nimmt diese Thematik auf und Schutzbach schreibt über die Geschichte von weiblicher Solidarität und Verbundenheit. Das Buch soll Mut machen und Hoffnung verbreiten und als eine Art «Seelenwärmer» in diesen herausfordernden Zeiten dienen. Schutzbach hat sich deshalb dazu entschieden ihren Blick auf Frauenfreundschaften und weibliche Solidarität zu richten und damit das Denken der Möglichkeiten, der feministischen Utopie, zu ergründen.

Das Buch kommt in einer besonderen Form daher, die mir ausgesprochen gut gefällt: Jedem Kapitel vorangeschoben ist ein fiktiver Brief an eine Frau; an eine Freundin, an eine Tante und ebenso an eine historische Person, die nicht mehr lebt. Hier ein Auszug aus einem Brief an Anita Augspurg:

«Ich versuche, auf deinen Spuren die Schweiz zum Schauplatz einer Geschichte zu machen, die mich direkt etwas angeht, und daraus Hoffnung und Mut zu schöpfen. Die Identifikation mit Geschichte ist für Frauen generell nicht leicht, weil sie in der Regel aus einer Männerperspektive erzählt wird. An Vorgänger:innen zu erinnern ist ein feministischer Akt gegen die Amnesie, dagegen, dass jede Frauengeneration aus ihrem historischen Bezug gerissen wird, weil immer wieder vergessen wird, was Frauen vor uns getan und erreicht haben.»

Wider die Spaltung der Frauen

Schutzbach begibt sich auf die Suche nach starken Frauenbeziehungen und Freundschaften unter Frauen trotz Differenzen. Frauen haben immer dann Dinge erkämpft und vorangebracht, wenn sie sich zusammengeschlossen haben. Die Verbündung ist eine Essenz der feministischen Erfolge – allerdings auch der Streit. Frauen werden in Büchern und Filmen zu Konkurrentinnen gemacht. Darin sieht Schutzbach eine Spaltung der Frauen. Deshalb ist es auch historisch wichtig, das Gelingen weiblicher Verbundenheit zu betonen oder aufzuzeigen, wo sich Frauen nicht bekämpfen, sondern unterstützen, sagt Schutzbach.

«Ich bin nicht frei, solange eine einzige Frau unfrei ist. Auch wenn sie ganz andere Fesseln trägt als ich.»

(Audre Lorde)

Franziska Schutzbach nimmt mit diesem Zitat einen feministischen Grundsatz auf und hält fest, dass dies der Kern ist für antipatriarchale Kämpfe und für Intersektionalität. Es ist ein Anschreiben gegen konkurrenzierende Frauen, die vom patriarchalen System hochgehalten wird. Die Idee von «Sisterhood» funktioniert jedoch nur, wenn es gelingt, für die Freiheit aller Frauen zu kämpfen – nicht nur für die eigene.

Schutzbach hat ein Plädoyer gegen die Spaltung geschrieben und regt an sich immer kritisch zu fragen aus welcher Position spreche und denke ich? Gehe ich nur von mir aus, oder versuche ich auch, andere Lebensrealitäten zu berücksichtigen?

Trotz Differenzen plädiert sie dafür sich erneut auf die weibliche Solidarität zu besinnen, denn diese hat die Kraft, die Gesellschaft zu verändern. Auf geht’s!

Schutzbach gelingt es mit ihrem Buch Hoffnung zu vermitteln und das Augenmerk auf das Verbindende zu legen. Zudem regen ihre klugen Gedanken zum Nachdenken an. Der Seelenwärmer hat zumindest bei mir bestens funktioniert. Wärmste Leseempfehlung!

9783426279045 2

«Revolution der Verbundenheit – Wie weibliche Solidarität die Gesellschaft verändert»
Franziska Schutzbach
Droemer HC, 2024
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