Stichwort Gleichstellung – Blog Bild: Stillhart

Von Männer- und Frauenarbeiten

Frauen können rückwärts einparken und Männer sind in der Lage, eine Waschmaschine korrekt zu bedienen, warum das mit der Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern nicht immer ganz einfach ist, erfahren Sie hier.


Nicht jede Männerarbeit ist für Frauen geeignet. Zum Beispiel das Schneeschaufeln, im Winter eine geradezu klassische Männerarbeit, die auch Greise bei grösstem Schneegestöber mit einer riesigen Schaufel bewaffnet noch vors Haus treibt. Dass Schneeschaufeln immer noch vorwiegend eine Männerarbeit ist, liegt aber nicht nur an den schaufelfreudigen Männern, sondern besonders auch an den Schaufeln. Die sind nämlich so gross, dass eine Ladung Schnee so schwer wird, dass sie von einer durchschnittlich trainierten Frau kaum gestemmt werden kann, auch ältere Männer haben oft Mühe mit der Schneeportion auf den Riesenschaufeln, nur geben sie das ungern zu. Mancher ältere Mann wird nämlich nach dem Schneeschaufeln von seiner Frau subito zum Chiropraktiker gefahren.

Warum es zwar Kinderschaufeln gibt in der Schneeschaufelabteilung, aber meist keine etwas kleineren Schaufeln für Erwachsene, mit denen auch Frauen oder Senioren, ohne Rückenschaden dem Schnee zu Leibe rücken können, verstehe ich nicht. Es ärgert mich jeden Winter wieder aufs Neue.

Unverständliche Arbeitsteilungen

Es gibt aber auch Bereiche, in denen sich in der Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau wenig ändert, obwohl die Werkzeuge dafür bestens für beide Geschlechter geeignet wären.

Zum Beispiel das Auswechseln von Glühbirnen, oder modernen LED-Leuchtkörpern. Obwohl es sich dabei meist nicht um super komplexe Schwerarbeiten handelt, machen die meisten Frauen bei solchen Alltagsherausforderungen nicht nur gerne ihren Ehemännern oder hilfsbereiten Nachbarn Platz, ja sie behaupten sogar, sie könnten das nicht. Es sei einfach zu kompliziert so eine Birne auszuwechseln, denn da sei ja Strom im Spiel.

Dasselbe gilt für die vielen Männer, die in der Küche problemlos ein Viergangmenu zaubern können, aber vor der Bedienung einer Waschmaschine so viel Respekt haben, dass sie sich an dieser Aufgabe gar nicht erst versuchen wollen.

Diese Zurückhaltung ist unbegründet. So vermeldet V-Zug in der Bedienungsanleitung ihrer Adora Waschmaschinen: «Dieses Produkt kann von Kindern im Alter von mindestens 8 Jahren sowie von Personen, deren physische, sensorische oder geistige Fähigkeiten vermindert sind oder die einen Mangel an Erfahrung und Kenntnissen aufweisen, verwendet werden, sofern sie beaufsichtigt bzw. über den sicheren Umgang mit dem Gerät und den damit verbundenen Gefahren unterrichtet wurden.»

Ich weiss nicht, ob dieser Hinweis mit Hintersinn verwendet wurde, aber eines ist sicher, jeder kann eine Waschmaschine bedienen, wenn er oder sie sich die Mühe nimmt zu lernen, was es dazu zu wissen gibt und sich dann daran hält. Dasselbe gilt für das Auswechseln von LED Leuchtkörpern oder für das rückwärts Einparken.

«Dieses Produkt kann von Kindern im Alter von mindestens 8 Jahren sowie von Personen, deren physische, sensorische oder geistige Fähigkeiten vermindert sind oder die einen Mangel an Erfahrung und Kenntnissen aufweisen, verwendet werden, sofern sie beaufsichtigt bzw. über den sicheren Umgang mit dem Gerät und den damit verbundenen Gefahren unterrichtet wurden.»

aus der Gebrauchsanleitung von Adora Zug Waschmaschinen

Entscheidend ist, ob Mann oder Frau will und ob er oder sie bereit ist, zu verstehen, worauf es bei solchen Aufgaben ankommt. Da ja bekanntlich die geistige Leistungsfähigkeit bei Frauen und Männern etwa gleich ist, gibt es keinen Grund, warum so viele Frauen sich weigern zu lernen, wie ein verstopfter Abfluss wieder flott gemacht wird und warum so viele Männer partout an den Tücken einer Waschmaschine scheitern sollten, obwohl sie längst gelernt haben, das Roastbeef mit der perfekten Kerntemperatur auf den Tisch zu bringen.

Im Alltag beginnt, was am Arbeitsplatz weiter geht

Wenn wir uns nichts zutrauen, ändert sich nichts. Das gilt für Männer und für Frauen. Natürlich gibt es Frauen, die am liebsten nur Hausfrau und Mutter sind, und Männer, die gerne möglichst viel Geld heimbringen und in ihrer Freizeit das Haus allein renovieren. Die Mehrheit der Menschen haben aber Begabungen und Interessen, die weit über die klassischen Rollenzuschreibungen ausgehen. Es gibt Männer, die perfekte Gastgeber sind und an alles denken und die vom Einkauf über die passende Serviette, bis zum Abwasch alles im Griff haben, und die dennoch unwiderstehlich männlich wirken. Es gibt aber auch Frauen, denen die Arbeit in der Küche überhaupt nicht zusagt und die es sehr geniessen, wenn ihr Partner da mehr übernimmt, weibliche Anziehungskraft hat nämlich nichts mit Kochqualitäten zu tun.

In wenigen Tagen ist Neujahr. Man sollte sich nicht zu viel vornehmen, aber ein bisschen aus den festgefahrenen Geleisen herauszukommen lohnt sich. Einmal als Frau eine Glühbirne selbst auszuwechseln, oder als Mann den neuen Dyson in die Hand zu nehmen und damit die ganze Wohnung blitzblank zu saugen, wäre doch etwas, was nicht allzu aufwändig ist, aber garantiert ein gutes und zufriedenes Gefühl hinterlässt. Today is the first day of the rest of your life.

Das Leben ist vielfältiger als starre Rollenbilder. Wer experimentiert kann nur gewinnen.

(Die Wäsche sollte allerdings vor dem Waschen sortiert werden und wenn man auch noch die Papierservietten und Kleenex aus den Taschen der Jeans entfernt, gelingt auch das Waschen jedem! )

Lynn Blattmann ist Mitglied der Redaktion #geschlechtergerechter