Wissen bringt Geld 3 Gleichstellung messen – Blog

Wissen bringt Geld

300'000 Franken mehr - nur dank «bisschen» mehr Wissen über unser Vorsorgesystem

Schon mit einer kurzen Informationssession über die finanziellen Auswirkungen von Teilzeitarbeit lassen sich Verhaltensmuster ändern – und damit den Gender Pension Gap verkleinern. Dies zeigt eine neue Studie.

Wer sich über die Problematik von Tiefstpensen informiert, passt sein Erwerbspensum an. Mit dieser auf den ersten Blick banalen Erkenntnis einer kürzlich erschienen Studie liesse sich der Gender Pension Gap massiv reduzieren.

Bekannt ist: Das Finanzwissen und gerade auch das Vorsorgewissen der Frauen ist lückenhafter als das der Männer. Dies zeigen verschiedenste Studien der vergangenen Jahre, so auch wieder der im Oktober veröffentlichte Finanzkompetenz-Report des Onlinevermögensverwalters «True Wealth».

Bisher unbewiesen in der Schweiz ist aber, wie direkt dieses Wissen den Gender Pension Gap beeinflusst: Passen Menschen mit besserem Vorsorgewissen ihr Verhalten tatsächlich an und sichern sich eine höhere Rente, indem sie zum Beispiel die Erwerbsarbeit fairer mit ihrem Partner aufteilen? Oder ist es nicht doch eine Frage der Gene und der sozialen Prägung? Also angeboren und erlernt, dass Frauen lieber mehr Haus- und Betreuungsarbeit leisten und sich nicht gerne mit Finanzthemen beschäftigen und diese Vorliebe nicht so einfach veränderbar?

Sie ahnen es: Die plumpe rhetorische Frage lässt sich mit «Nein» beantworten. Denn eine diesen Herbst veröffentlichte Studie zeigt erstmals auf: Bereits kurze, gezielte Infosessions haben einen massiven Einfluss und können dazu führen, das finanzielle Aspekte viel stärker in langfristige Entscheidungen einbezogen werden.

Schon eine Pensumserhöhung um 10% nach dem 30. Altersjahr bringt bis zu 300'000 Franken mehr Einkommen!

In der besagten innovativen Studie der Universität Zürich wurden den Teilnehmenden– allesamt Frauen - ein kurzes Informationsvideo vorgeführt, das anhand des Beispiels einer Mutter zeigt, wie sich eine Pensenerhöhung langfristig finanziell auswirkt. Anschliessend haben sie in einem Online-Tool ihre eigene finanzielle Situation geprüft und verschiedene Beschäftigungsszenarien simuliert.

Bei den Personen, die sich von Anfang an den langfristigen finanziellen Folgen von Teilzeitarbeit bewusst waren, gab es keinen Effekt. Doch bei Frauen mit wenig Vorsorgewissen, war der Effekt beachtlich: Sie leisteten im nächsten Jahr 10 Prozent respektive einen halben Tag mehr Erwerbsarbeit. Das klingt nach wenig, aber es hat einen bedeutenden Einfluss. Bei einer langfristigen Pensenerhöhung um 10 Prozentpunkte ab dem 30. Lebensjahr verdient man bis zur Pensionierung 300'000 Franken mehr. Die Renten in der beruflichen Vorsorge steigen gemäss Studie sogar um 15 Prozent, da das Vorsorgekapital wegen des Koordinationsabzuges überproportional ansteigt. Eine beachtliche Zahl, damit liesse sich der der Gender Gap in der beruflichen Vorsorge, der zurzeit gut 60 Prozent beträgt, deutlich verkleinern.

Was lehrt uns die Studie also?

  • Mit sehr grundlegendem Finanz- respektive Vorsorgewissen lässt sich viel bewegen. Es braucht noch nicht einmal spezifisches Anlagewissen, in einem ersten Schritt genügen grundlegende Kenntnisse unserer Vorsorgesysteme (z.B. wie Tiefstpensen die persönliche Vorsorge beeinflussen)
  • Alliance F ist mit ihrem neuen Online-Lebensplanungstool Cash or Crash auf der richtigen Fährte, die Schwierigkeit ist jedoch, insbesondere den Frauen im geeigneten Moment (nicht erst im Alter 50) solche Angebote nahe zu bringen.
  • Spannend wäre auch die Gegenseite, also die grösstenteils Vollzeit arbeitenden Männer zu befragen, inwiefern ihnen bewusst ist, dass sie ihre Partnerinnen einem finanziellen Risiko aussetzen, wenn sie nicht auch genügend Betreuungs- und Hausarbeit übernehmen.

Und klar ist auch: Nur mit Informationen und Sensibilisierung wird der Gender (Pension) Gap nicht verschwinden, zu gross sind die strukturellen Hürden. Stichworte sind zu teure Kita-Plätze, eine fehlende paritätische Elternzeit aber auch die nach wie vor bestehende Lohndiskriminierung. Und eben die Bereitschaft der Männer. Aber der Gender Gap liesse sich mit Finanzbildung zumindest um ein beachtliches Stück reduzieren.

Simon Preisig ist Geschäftsleitungsmitglied des Frauendachverbands alliance F und Co-Projektleiter des niederschwelligen Finanzbildungstool «Cash or Crash.

Aliance F logo web

Alliance F ist die Dachorganisation der Schweizerischen Frauenorganisationen.

Weiterführende Links:

Interview über die Studie: https://sozialesicherheit.ch/de/fur-mutter-ist-eine-scheidung-ein-riesenrisiko/

Link zur Studie (in englisch): https://anacostaramon.github.io/mls/Inattention_MaternalLaborSupply.pdf

Link zum Finanzbildungstool Cash or Crash: https://cashorcrash.ch/