Das Bild der jungen Frau, die an der frischen Luft mit nackten Armen Setzlinge pikiert, überrascht mit seiner Modernität. Die Frisur der konzentriert arbeitenden Gärtnerin könnte von heute sein. Sie trägt einen kurzen Undercut am Hinterkopf und längeres, nach hinten gekämmtes Deckhaar. Männer wie Humphrey Bogart liessen sich damals in Filmen so frisieren. Frauen getrauten sich vor 90 Jahren ausserhalb der Bohème von Grösstädten eher selten an solche gewagten Kurzhaarschnitte.
Das Bild der konzentriert arbeitenden Gärtnerin mit dem Herrenhaarschnitt stammt aber aus der offiziellen Diasammlung der Berufsberatung der Stadt Zürich. Mit diesem Bild, sollte in den jungen Frauen die Lust geweckt werden, Gärtnerin zu werden.
Ich finde, es wirkt noch heute. Die abgebildete Gärtnerin hat nicht nur eine umwerfende Frisur, ihr Körper drückt Kraft und Gelassenheit aus. Sie arbeitet konzentriert an der frischen Luft und auch wenn die Arbeit weder prickelnd noch besonders kompliziert aussieht, bekommt sie durch diese Gärtnerin einen tieferen Sinn. Sie verweist jedenfalls nicht auf dumpfe Hausarbeit, sondern sie hat etwas Kämpferisches, was gut passt zur Geschichte der Berufsbildung der Frauen in der Schweiz. Hier ist sie:
Warum Frauen ausgeschlossen waren
In der Schweizer Politik träumte man gegen Ende des 19. Jahrhunderts davon, dass Frauen nicht arbeiten mussten. Man stellte sich vor, dass Männer einfach mehr verdienen konnten, so dass es auch für Frau und Kinder reichte. Davon träumten Bürgerliche ebenso wie die Gewerkschaften.
Auch wenn vor 100 Jahren noch sehr viele Frauen als Fabrikarbeiterinnen arbeiteten oder als Hausangestellte ihren Arbeitgebern das Leben erleichterten, der Traum von einer Familie mit einem Familienvater, der das Geld verdiente und einer Frau die seine Kinder erzog und ihm den Rücken frei hielt, war sehr verbreitet. Es wurde völlig ausgeblendet, dass es auch Frauen gab, die vielleicht gerne unverheiratet in einem eigenen Haushalt leben wollten, und dass es alleinerziehende Frauen mit Kindern gab.