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Möchtegern-Superdad

Warum ich mir eine Familienzeit gewünscht hätte.

Geplant hatte ich, nach der Geburt meines Kindes zu Hause zu bleiben. Ich wollte Windeln wechseln, mit dem Baby kleine Ausflüge unternehmen und vor allem meiner Partnerin den Rücken freihalten. Nach ein paar Monaten hätte ich ihr einen sanften Wiedereinstieg ermöglichen wollen, indem ich ihr das Kind zum Stillen ins Büro bringen sollte. Soweit mein Plan. Doch es kam anders.

Denn als ich meine Pläne und Ideen des Superdads durchrechnete, stellte ich fest, dass mich das Daheimbleiben über 1000 Franken pro Woche kosten würde. Zudem stand in meinem Job kurz nach der Geburt eine wichtige Fundraising-Abgabe an, bei der ich vollen Einsatz zeigen wollte. In den Verhandlungen mit meiner Partnerin, die sich primär um die Kosten für die väterliche Elternzeit drehten, kürzten wir deshalb meine Vaterschaftszeit auf zwei Monate: drei Wochen direkt nach der Geburt und zu einem späteren Zeitpunkt fünf Wochen, um dann mein Pensum reduzieren zu können. Am Ende wurden es im Total aber nur sechs Wochen Vaterschaftszeit.

Denn es kam so, wie bei vielen anderen Elternpaaren auch: Für meine Partnerin wurde der Wiedereinstieg in ihren Job eine immense Belastung. Unser Sohn verweigerte das Fläschchen, also raste sie in ihrer Mittagspause zum Stillen in die Kita. Nachts war sie es, die das Baby beruhigte, indem sie es stillte. Kurz nach dem Wiedereinstieg musste sie daher wieder Urlaub nehmen und diese überfordernden Wochen wirkten noch Monate nach. Damit ist sie nicht alleine: Junge Eltern und speziell junge Mütter sind in der Schweiz am stärksten von Burnout betroffen – mit entsprechenden Folgekosten für das Umfeld, die Gesellschaft und die Wirtschaft. Ein erleichterter Wiedereinstieg in die Arbeitswelt führt erwiesenermassen zu weniger Erschöpfung bei Eltern, zu weniger postpartalen Depressionen und einer besseren Gesundheit der Mütter.

Meine Erfahrungen liegen zwei Jahre zurück. Soeben wurde eine Initiative lanciert, die mir und vielen anderen Vätern viel geholfen hätte: Die Familienzeit-Initiative, fordert eine Elternzeit von jeweils 18 Wochen für beide Elternteile. Für die Schweiz, die 100 Jahre für die Einführung eines 14-wöchigen Mutterschaftsurlaubs benötigt hat, wäre das ein Riesenschritt. Eine längere Elternzeit hätte mich stärker in die Verantwortung genommen und verhindert, dass ich als unwissender Mann, der zum ersten Mal Vater wurde, einen kurzfristig gedachten Kostenentscheid fällte. Die 18 Wochen, um gleichberechtigt mit meiner Partnerin Verantwortung für unser Kind zu übernehmen, hätte ich garantiert nicht bereut. Eine ausgelaugte Mutter, die sich fast rund um die Uhr um das Baby kümmerte und mein schlechtes Gewissen, hätte ich mir und uns im Nachhinein gerne erspart, auch wenn ich heute (fast) jede Minute mit meinem Sohn liebe. Ihn aufwachsen zu sehen ist zum Glück doch noch die größte Inspiration und Kraftquelle meines Lebens geworden.

Die Liste weiterer Gründe für diese Initiative ist lang. Einer davon, der mir neben der verpflichtenden Einbindung der Väter respektive Entlastung der Mütter besonders am Herzen liegt, ist die Tatsache, dass einkommensschwache Eltern neu einhundert Prozent Erwerbsersatz erhalten würden. Das ist essenziell, denn Mütter und Väter, die in Armut oder an der Armutsgrenze leben, verzichten heute doppelt so oft auf Mutter- und Vaterschaftsurlaub wie durchschnittlich verdienende Paare. Die aktuell geltende 80-Prozent-Regel führt dazu, dass die Kinder, die in finanziell schwache Haushalte geboren werden, in ihren ersten Lebensmonaten häufiger auf ihre Eltern verzichten müssen als Kinder aus dem Mittelstand.

Und an alle, die jetzt «Zu teuer!» rufen oder behaupten, Kinder seien Privatsache: Ich bin mir sicher, dass meine Partnerin heute in einem deutlich höheren Pensum erwerbstätig wäre, hätte sie der Wiedereinstieg nicht so geschlaucht. So hätte man die Kosten meiner Vaterschaftszeit in fünf bis zehn Jahren über ihre Einkommenssteuern an den Staat zurückbezahlt. Ein zweites Kind wäre dann auch wahrscheinlicher – was dringend nötig wäre in einer überalterten Gesellschaft.

Simon Preisig ist Vater eines bald 2-jährigen Sohnes und Geschäftsleitungsmitglied des Frauendachverbands alliance F.

16.4.2025