Titelbild der Maturaarbeit von Finn Meyer Transgender – Interview

Trans Sapien

An einem Gymnasium in Zürich entscheidet sich eine "Schülerin", sich als Trans Mann zu outen und zieht das durch. Aus der Erfahrung entsteht eine Maturaarbeit als Graphic Novel. Wir haben mit Finn Meyer ein Interview geführt.

Du machst Deine Trans-Erfahrung zum Thema Deiner Maturaarbeit, worum geht es Dir dabei?

Trans-sein ist heute viel mehr ein Thema in der Öffentlichkeit als früher. Unter anderem Dank dem Feminismus und dem Gay-Rights movement reden wir heute offener darüber. Trotzdem sind wir völlig geschlechtsbesessen, dabei geht es doch um den Menschen.

Wie meinst Du das?

Früher sah man den Menschen als prototypisch männlich an, das müssen wir ändern. Mir geht es in erster Linie um den Menschen, nicht nur um die Transfrage. Das habe ich auch mit dem Titelbild meiner Maturaarbeit illustriert, das sich ja an die berühmte Zeichnung des Homo Sapiens von Leonardo da Vinci anlehnt.

Aber das Geschlecht ist wichtig?

Es spielt eine grosse Rolle in unserer Gesellschaft, was ich für unnötig halte. Oft macht dies mehr Probleme als es löst. Die Queer-Community und andere Kulturen haben schon seit Jahrhunderten gezeigt, dass man westliche Geschlechternormen auch hinterfragen kann oder gar nicht braucht.

Hast Du mit Widerständen gekämpft aus Deinem Umfeld als Du Dich für die Geschlechtsanpassung entschieden hattest?

Ja und Nein. Von vielen wurde ich ernst genommen und war positiv überrascht über die fairen Reaktionen. Viele hatten aber auch grosse Schwierigkeiten. Ausserdem wusste ich, dass ich ein Junge bin, seit ich vier Jahre alt war. Ich habe einiges ausprobiert, bevor ich mich zur Transition entschieden habe. Es war also ein lange gereifter Entscheid, der auch mit vielen Hürden verbunden war. Mit 18 war es dann so weit, ich konnte Hormone nehmen und ich bekam Unterstützung, das war wichtig für mich.

Du wirkst auf mich klar männlich, man sieht Dir das Trans Sein nicht an

Ich muss klar sagen, dass ich da einen Vorteil habe in unserer Gesellschaft. Transfrauen zum Beispiel kämpfen viel mehr mit Transmysogynie, also mit Abwertungen, Widerständen und Verunsicherung, weil die Hormontherapie einige Merkmale nicht so stark verändert wie oft bei trans Männern. Ich kann mich gut als cis-Mann ausgeben wenn ich es will, man nennt dies "Passing Privilege"

Wie sieht eine geschlechtergerechte Welt für Dich aus?

Optimal wäre es, wenn das Geschlecht keine Rolle mehr spielen würde in unserer Gesellschaft. Es wäre eine medizinische Angelegenheit, kein Faktor im normalen Leben, und alle könnten sich so präsentieren, kleiden, verhalten und lieben wie es ihnen am wohlsten ist.

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Trans Sapien, Graphic Novel about my Trans Experience, Finn Meyer 2023

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