Daraufhin ist mir aufgefallen, dass es dennoch sehr viel Diskriminierung gegen Frauen gibt, die als Pornodarstellerinnen arbeiten. Ich finde es gut, dass der Feminismus so weit gegangen ist, dass wir die Ausbeutung in der Pornoindustrie anerkennen – aber der Feminismus geht noch nicht weit genug, dass wir verstehen, dass Frauen eigentlich auch eine eigene Lust haben und dass es durchaus Frauen im Internet gibt, die das gerne machen.
Du hast die zwei bekanntesten Pornoplattformen, Pornhub und OnlyFans, miteinander verglichen. Was ist der grundlegende Unterschied dieser zwei Webseiten?
Ich sehe Unterschiede auf verschiedenen Ebenen. Einmal rein administrativ, bei Pornhub muss man nicht zahlen, und sich nicht registrieren lassen und es ist egal, was ins Netz hochgeladen wird, wobei nicht garantiert ist, dass die Darstellenden aus dem Video dem zugestimmt haben oder dafür bezahlt werden.
Bei OnlyFans musst du dich einloggen und deine Identität validieren, wenn du produzieren und konsumieren willst. Hinzu kommt, dass die Produzierenden auch selbst den Preis festlegen. Das Konsumieren ist also kostenpflichtig.
Ein weiterer Punkt wäre die persönliche Ebene. In meinen Augen schafft Pornhub eine unnatürliche Distanz zwischen Konsumierenden und Produzierenden. Zum Beispiel werden oft nicht einmal die Namen der im Video vorkommenden Personen genannt. Diese werden im Videotitel durch Benennungen wie «Stepsister» oder «Milf» beschrieben. Bei OnlyFans gibt man sich selbst einen Namen und die App hat eine Chatfunktion. Dies macht das Ganze viel persönlicher, was die Produzierenden nicht dermassen entmenschlicht, wie das bei Pornhub der Fall ist.
Dennoch will ich OnlyFans nicht nur in den Himmel loben. Denn es ist kein fehlerfreies System und es gibt auch hier Personen, die in die Sache reingeredet und dann ausgebeutet werden.
Du erwähnst in deiner Arbeit, dass es feministische Bewegungen für und gegen Pornografie gibt. Wie argumentieren diese beiden?
Gegen Pornografie spricht eigentlich der Grundgedanke des Feminismus: Die Frau wird oft ausgenutzt. In der porNO Bewegung Ende 80er Jahre positionierte man sich klar gegen erniedrigende sexuelle Darstellungen von Frauen. Deshalb sind auch noch viele Frauen, die die porNO Kampagne miterlebt haben, sehr gegen Porno. Das habe ich auch durch deren Reaktionen zu meiner Arbeit zu spüren bekommen.
Der Frau den freien Willen zu überlassen, das ist das, was aus feministischer Perspektive dafürspricht. Wie zum Beispiel, dass eine Frau genauso feministisch ist, wenn sie arbeiten geht, wie wenn sie sich um den Haushalt kümmert. Es geht um den Fakt, dass sie die Wahl hat. Und die sexuelle Freiheit gehört für mich dazu.
Kommen wir zu einer Definitionsfrage: Deine Leitfrage beinhaltet die Adjektive emanzipiert und feministisch. Woran misst du feministisch?
Es ist nicht einfach, hier Grenzen zu ziehen: Aber wenn Frauen selbst davon profitieren, dann ist es feministisch. Der bereits genannte Aspekt des Selbstbestimmens schwingt natürlich mit.
Selbst wenn Frauen selbstbestimmt produzieren, werden sie sich bei ihrem Content eher an sexistischen Stereotypen bedienen. Denn das ist schliesslich das, was sich in einer stets sexistisch geprägten Gesellschaft verkauft. Natürlich könnte man dann sagen, dass dies sexistische Stereotypen fördert und deshalb keineswegs feministisch sein kann. Mit einer solchen Aussage wird aber ein systematisches Problem einer einzigen Frau, die lediglich ihr Geld verdienen will, aufgebunden. Und das finde ich dann auch nicht fair. Es it ein anstrengendes Narrativ, dass jede Handlung einer Frau feministisch sein soll.
Du erwähnst in deiner Arbeit, dass das Wort Prostitution «über Huren schreibend» bedeutet. Könnte man also OnlyFans als «von ‹Huren› schreibend» betiteln?
Besser formuliert wäre es «von ‹Huren› geschrieben». Dies besetzt auch irgendwie automatisch das Wort «Hure» positiv. Der Fakt, dass dann die «Hure» schreibt, unterstreicht für mich den künstlerischen Aspekt, den Pornografie hat.