Halffull

Gefühle, anders als gedacht

Die Emotionsstudie von Sotomo zeigt es: Neue Beziehungen machen nicht in erster Linie glücklich, viele fühlen sich in neuen Beziehungen vorallem gestresst und erschöpft. Auf Trennungen reagieren Männer ganz anders als Frauen und beide anders als erwartet.

Beziehungsfragen sind meist auch Geschlechterfragen. Es geht um Mann und Frau, um gleichgeschlechtliche Paare und auch bei Beziehungen mit und zwischen Nicht-Binären Menschen spielt die Auseinandersetzung mit Geschlechtlichkeit oder Nichtgeschlechtlichkeit oft eine Rolle. Beziehungen sind immer mit Emotionen verknüpft. Sie lösen in uns emotionale Hochs und Tiefs aus und wenn die Gefühle bei Paaren abwesend sind, dann ist das meist der Anfang vom Ende oder das Ende vom Anfang.

Mit der «Helsana-Emotionsstudie» untersuchte das Forschungsinstitut Sotomo im Auftrag der Versicherungsgesellschaft, wie sich die Schweizer:innen im Alltag, aber eben auch in speziellen Lebenslagen fühlen. So zum Beispiel zu Beginn einer neuen Beziehung oder nach einer Trennung. Die Spinnenprofile zeigen, wie die Gefühlslage von Personen, die in den vergangenen sechs Monaten eine neue Beziehung eingegangen sind oder sich getrennt haben, vom durchschnittlichen Emotionshaushalt der Bevölkerung abweicht.

Emotionshaushalt bei Schlüsselsituationen in Beziehungen
Emotionshaushalt bei Schlüsselsituationen in Beziehungen

Besonders bemerkenswert ist dabei, dass Personen, die vor Kurzem eine neue Beziehung begonnen haben, keineswegs besonders zufrieden sind. Vielmehr sind sie häufiger gestresst und erschöpft als die Bevölkerung als Ganzes. Die Zahlen widersprechen also unserer romantischen Vorstellung von der aufregenden und belebenden Kennenlernphase. Tatsächlich sind neue Beziehungen mit Unsicherheiten verbunden, sie wühlen auf und verbrauchen viel Energie. Es ist ein Umbruch im Leben und bei Erwachsenen oftmals auch mit einer vorherigen Trennung verbunden. Zudem sind es vermehrt jüngere Erwachsene, die neue Beziehungen eingehen und diese neigen generell stärker zu Stress und Erschöpfung. Es zeigt sich, dass die Geschlechter unterschiedlich stark auf solche Beziehungsmomente reagieren. Frauen sind im Vergleich zu den Männern häufiger gestresst und erschöpft, wenn sie neue Beziehungen beginnen. Dies kann mitunter damit zusammenhängen, dass Frauen mehr Beziehungsarbeit leisten, welche gerade zu Beginn einer neuen Partnerschaft nötig ist.

Emotionshaushalt bei Schlüsselsituationen in Beziehungen – nach Geschlecht
Emotionshaushalt bei Schlüsselsituationen in Beziehungen – nach Geschlecht

Es sind aber wider Erwarten die vermeintlich rationalen Männer, deren Emotionshaushalt bei Beziehungsende besonders stark ausschlägt. Sie sind nach einer Trennung häufiger traurig, erschöpft, besorgt und gestresst als Frauen in derselben Situation. Bei Frauen, die eine Trennung hinter sich haben, unterscheidet sich der Emotionshaushalt weniger stark vom durchschnittlichen Emotionshaushalt der Bevölkerung, sie sind ausgeglichener. Der grosse Unterschied in der emotionalen Reaktion auf Trennungen deutet darauf hin, dass Frauen besser auf diese Situation vorbereitet sind. Sei es, weil die Trennung von ihnen ausgeht oder weil sie besser mit der Situation der Beziehungslosigkeit umgehen können als Männer.

Anna John ist Projektleiterin bei Sotomo