Monique Bär

Dialog beginnt mit Zuhören

Wir sind angetreten für einen neuen, offeneren und fairen Geschlechterdialog. Darum geht es hier um die Frage, wie wir generell besser miteinander reden und aufeinander eingehen können. Immer wieder fällt es uns doch gar nicht so leicht in einen wirklichen Dialog zu treten. Woran liegt das?

In unserer schnelllebigen Gesellschaft vernachlässigen wir das Zuhören. Dabei wäre Zuhören, die wohl wichtigste kommunikative Fähigkeit zu einem Dialog. Doch das Zuhören wird uns gar nicht beigebracht. Wir lernen zuerst einmal sprechen, dann lesen und schreiben. Aber zuhören? Das kann man einfach, scheint die Einstellung zu sein. Später im beruflichen Training ist es ähnlich. Rhetorikseminar? Klar. Präsentationstechnik? Sicher, braucht man. Argumentation, Fragetechnik? Unbedingt. Was ist mit Zuhören? Das sollen bitte die Anderen.

Der Dialog ist eine Form des Gesprächs. Hier werden weniger Argumente ausgetauscht, sondern Horizonte eröffnet. Der Dialog ist eine Chance, Neues zu entdecken, keine Garantie, Altes zu bewahren.

David Bohm

In einem echten Dialog ist es aber nicht wichtig, bestimmte Meinungen zu vertreten und Standpunkte auszutauschen, sondern vielmehr Perspektiven zusammen zu erkunden und Einschätzungen «in der Schwebe» zu halten und ein gemeinsames Denken anzufangen. David Bohm, der große Physiker und Erforscher des Dialogs, nannte das «das Wesen des kollektiven Denkens» lernen.

Im Wesentlichen geht es darum, dass wir mit einer offenen Haltung in ein Gespräch gehen und auf unser Gesprächsverhalten achten. Untersuchungen haben gezeigt, dass wir besser miteinander diskutieren, wenn wir einige zentrale Punkte befolgen.

Die Anleitung ist einfach, etwa wie ein Video zum richtigen Seitwärtseinparken. Dennoch ist es erstaunlich, wie selten wir diese Punkte wirklich befolgen, dabei es ist mit dem Dialog wie mit dem Einparkvideo, schon das Einhalten weniger klarer Punkte, verbessert das Ergebnis.

In unserer schnellebigen Gesellschaft vernachlässigen wir das Zuhören.

Monique Bär

Zuhören um besser zu verstehen

In Diskussionen hören wir oft nur zu, um unsere Argumente anzupassen und besser antworten und intervenieren zu können. Wenn wir aber versuchen das Problem unseres Gegenübers besser zu verstehen, dann müssen wir mit einem anderen Fokus zuhören. Zuhören um besser zu verstehen, ist der Schlüssel für eine bessere Lösungsfindung. Besonders wenn sich alle Beteiligten daran halten.

Nicht allwissend sein

Wir leben in einer Welt von Experten und wir fühlen uns gut, wenn wir als kompetent wahrgenommen werden. Leider neigen wir öfters dazu zu glauben, in einigen Bereichen alles zu wissen. Das ist schade, denn wirklich kompetente Leute verstehen es, Fragen zu stellen. Sie wissen, dass sie nicht alles wissen und sie geben dies auch zu. Versuchen wir es einmal zuzugeben in einem Gespräch zu einem Thema und wir werden staunen, wie viel Vertrauen wir damit gewinnen können.

Offene Fragen stellen

Ja, es gibt Diskussionen, die sich rasch verfahren, sie sind aufreibend und mühsam. Aber haben Sie es einmal mit offenen Fragen versucht? Wie siehst Du das? Warum denkst Du, ist das so? Wie denkst Du wird das herauskommen? Gibt es etwas, was ich verändern könnte?

Was ist Dir wirklich wichtig? Solche oder ähnliche Fragen führen oft auf ganz neues Terrain. Sie öffnen neue Perspektiven und ebnen den Weg zu Lösungen.

Nur diskutieren, wenn uns wirklich danach ist

Die Forderung «wir müssen reden» ist in den vergangenen Jahrzehnten zu einem Imperativ geworden, der schon viele in die Enge getrieben hat. Miteinander reden kann viel bringen, es ist aber nicht der einzige Weg um in einer verfahrenen Situation weiter zu kommen. Eine Pause einlegen, etwas völlig anderes tun, sich sammeln, mit Freunden etwas unternehmen kann hilfreicher sein als eine Diskussion immer und immer wieder zu führen ohne zu einer Lösung zu kommen.

Go with the Flow

Wenn wir uns vorher Fragen aufschreiben und während eines Gespräches unbedingt unsere Frage beantwortet haben wollen, bevor wir zur nächsten gehen können, dann verpassen wir die Magie eines Dialogs. Wichtige Fragen tauchen mehrmals auf, auch wenn sie nicht sofort beantwortet werden können, unwichtige verflüchtigen sich wieder.

Sich nicht wiederholen

Das ist einer der schwierigsten Punkte. Wenn wir denken, dass unser Gegenüber nicht gerade begeistert ist von einer Idee, dann wiederholen wir uns. Das ist öde, langweilig und es nimmt dem besten Argument Kraft. Dennoch ist es erstaunlich, wie oft wir das in Diskussionen tun. Hören wir mal eine Weile bewusst auf damit und beachten wir den Unterschied.

Sich nicht in Details verlieren

Details machen ein Argument selten anschaulicher. Im Gegenteil, man droht in ihnen zu versinken und verliert die Übersicht, ausserdem sind zu viele Details langweilig und oft unnötig.

Nicht von sich erzählen, wenn wir ähnliches erlebt haben

Auch wenn wir selbst schon ähnliche Situationen erlebt haben, sind doch alle Erfahrungen einmalig und individuell, ebenso wie alle Menschen anders sind. Halten wir diese Differenz aus und wir werden mehr Nähe gewinnen.

Nicht überheblich sein

Bei diesem Punkt werden wir einwenden, dass wir selbst uns nie über andere stellen. Aber Halt: Sind wir wirklich offen für das Gegenüber? Glauben wir, dass unsere Gesprächspartner oder unsere Gesprächspartnerin kompetent ist, dass das Empfinden, die Meinung, die Argumente unseres Gegenübers ehrlich und echt sind? Dann machen wir doch einmal einen Schritt auf unser Vis à Vis zu und versuchen es ernsthaft zu verstehen.

Monique Bär arbeitete lange als Coach und ist heute als Netzwerkerin und Bildhauerin tätig.