Regula Schranz Beasley ist Kundenberaterin bei der Bank Julius Bär.

Entscheidungen treffen

Regula Schranz Beasley ist Kundenberaterin bei der Bank Julius Bär. Was sie über das Geldanlegen denkt und was sie Frauen rät, die Gelddinge ernster nehmen wollen.

Frau Schranz, sie sind Kundenberaterin bei einer Privatbank, arbeiten Sie in einem Männerberuf?

Ich arbeite sicher in einer Männerwelt, aber die Anforderung meines Berufes sind teilweise sehr weiblich.

Wie muss ich mir das vorstellen?

Wer Geld anlegt, muss sich entscheiden. Meine Arbeit liegt in der Entscheidungsfindung, ich muss herausfinden, was einer Kundin oder einem Kunden wichtig ist. Darum muss meiner Meinung nach bei einer gelungenen Kundenberatung immer der Mensch im Zentrum stehen. Das gelingt nur, wenn ich merke, was dieser Mensch braucht, das erfordert neben dem Fachwissen auch sehr viel Empathie und Sensibilität.

Geht es also nicht ums Geld?

Doch natürlich. Aber Geld anlegen ist etwas sehr Persönliches. Es geht immer darum, was jemandem wichtig ist. Es gibt Kundinnen, die würden beispielsweise nie eine Aktie eines Rohstoffunternehmens kaufen, andere interessieren sich besonders für die Entwicklungen in der Medizinaltechnik. Eine Anlagestrategie sollte immer die Handschrift der Person tragen, der das Geld gehört.

Sie arbeiten in einer Privatbank. Nehmen vermögende Kundinnen Geld ernster als andere?

Es ist oft so, dass eine Frau mit einem gewissen Vermögen auch einen stimmigen Umgang mit ihrem Geld sucht und sich mit den Fragen des Anlegens auseinander setzen will. Leider reden aber Frauen untereinander nur sehr selten über Geld, das sollte sich ändern.

Tun Männer das öfters?

Ja, für sie ist das Reden und Nachdenken über Geld etwas Selbstverständliches. Finanzthemen sollten aber keine Männerthemen sein, sondern Schulstoff.

Sie wollen die Schule also auch noch mit Lernzielen im Umgang mit Geld belasten?

Ja, unbedingt, inklusive Budgetierung, Vorsorge und Sparen und zwar weil es immer weniger Schnittpunkte zu Geldinstituten gibt. Wer heute mit einer kleinen Summe ein Konto eröffnen will, wird kaum einen Bankberater oder eine Bankberaterin zu Gesicht bekommen. Heute läuft das meiste online und anonym ab. Fragen rund um das Geld sind aber etwas Persönliches, Anlageentscheidungen trifft man ungern, ohne mit einem Menschen ausführlich darüber gesprochen zu haben.

Ist Geld nicht ein sehr intimes Thema?

Nicht mehr so sehr. Das ändert sich gerade. Seit wir offen über Frauenlöhne und Lohngleichheit reden, tut sich da einiges. Allerdings betrifft dies nicht die Frage des Geldanlegens. Wer nie anfängt, regelmässig Geld zum Investieren beiseite zu legen, kann nicht profitieren von guten Anlagen.

An der Börse kann man aber auch sehr viel Geld verlieren.

Ja, das ist möglich, aber mit einer diversifizierten langfristigen Anlagestrategie an der Börse fährt man über die Jahre deutlich besser als mit einem Sparkonto allein. Frauen, die in der Börse investiert sind, bleiben übrigens meiner Erfahrung nach sogar nach Verlusten eher ihrer Strategie treu. Ihre Treue und Standfestigkeit wird von der Börse über die Zeit belohnt, denn die Verluste bleiben meist nur kurzfristig. Sie werden durch die langfristig positive Entwicklung der Börse wettgemacht.

«Fragen der Vermögensbildung sollten vermehrt Schulstoff sein.»

Regula Schranz Beasley

Braucht man eigentlich einen Kundenberater oder eine Kundenberaterin, um an der Börse anzulegen?

Nein, es geht auch ohne. Sie sollten aber bei einer Bank einen Anlageplan machen und danach regelmässig auf ihr Anlagekonto einzahlen. Sie können auch mit einer App spekulieren, das ist allerdings deutlich riskanter, kann aber auch Spass machen.

Was raten Sie einer Frau, die sich bisher kaum mit Finanzthemen beschäftigt hat?

Es ist nie zu spät, Verantwortung für die eigenen Finanzen zu übernehmen. Geld sichert unseren Lebensstandard und es kann uns auch Freiheit geben.

Wie meinen Sie das?

Ich rate jeder Frau, mindestens 20-30'000 Franken zur Seite zu legen. Dies wird ihr die Freiheit geben, jederzeit aus einer belastenden Beziehung oder aus einem schlechten Job auszusteigen. «Frau» muss das ja nicht tun, aber die Freiheit zu haben, es zu tun, wenn nötig, beruhigt ungemein.