William II von Oranjen mit seiner Braut Mary Stuart 1641 Rijksmuseum Amsterdam, Anthony van Dyk 1641

Kinderehe

Arrangierte Heiraten zum Machtausbau waren auch in Europas Adel lange normal. Selbst Kinderehen waren in den Augen der Zeitgenossen damals nichts Aussergewöhnliches. In den meisten Fällen hatten Eheschliessungen nichts mit Liebe oder Zuneigung zu tun, aber viel mit Vermögens-, und Allianzenbildung. Ein Beispiel aus der Geschichte.
William II von Oranjen mit seiner Braut Mary Stuart 1641

Ein fein gemaltes Bild, aus einer Zeit als Portraits erst so richtig aufkamen. 1641, also mitten in der Zeit des dreissigjährigen Krieges, malte der flämische Maler Anton Van Dyck diese zwei Kinder. Sie stecken in wertvollen seidenen Kleidern und sehen auf den ersten Blick aus wie Erwachsene.

Der Junge auf dem Bild ist jedoch zur Zeit des Porträts erst knapp 14 Jahre alt, seine frisch angetraute Frau 9. Ein Blick auf ihre Gesichter zeigt, dass sie wenig kindlich wirken. Es sind die Augen von kleinen Erwachsenen, die uns da entgegen schauen.

Beide haben lange lockige Haare und beide tragen seidene Kleider und Schmuck. Das Mädchen, es ist Prinzessin Mary, die älteste überlebende Tochter des englischen Königs Charles I und seiner Frau Henrietta Maria de Bourbon. Das Mädchen ist die Attraktion des Bildes. Die neunjährige Mary ist fest in ein wunderschön glänzendes silbernes Kleid verschnürt, edelste Brokatseide, reich bestickt mit Silberfaden mit engem Korsett. Auf ihrer Kinderbrust prangt ein riesiges Schmuckstück und um ihren Hals liegt eine üppige Perlenkette. Die rechte Hand des Mädchens liegt auf ihrem Bauch, als würde sie bereits eine Schwangerschaft andeuten, die andere Hand wird von ihrem Angetrauten, Prinz William von Oranien, so gehalten, dass der Blick direkt auf den Finger der linken Hand des Mädchens gelenkt wird, an dem ein Ehering prangt.

Der junge Bräutigam steht leicht vor der Braut, dadurch wirkt er grösser, mächtiger. Seine seidenen Strümpfe werfen zwar einige Falten an seinen Waden, aber seine Körperhaltung verweist auf seine männliche Macht.

Es ist nicht bekannt, wie lange die beiden Kinder für das Ölgemälde Modell sitzen, beziehungsweise stehen mussten. Sicher ist jedoch, dass ein solches Bild als durchdachte Komposition zu verstehen ist. Jedes Detail wurde sorgfältig inszentiert und zugefügt oder weggelassen mit dem Ziel einer weit über die zwei Kinder hinausgehenden Botschaft.

Die Botschaft wurde vom Vater des Bräutigams in die Welt geschickt, Prinz Hendrik Frederik. Er hat für das aufwändige Ölbild einen damals bekannten flämischen Meister beauftragt, der mit dem Bild nicht nur vermitteln wollte, dass die flämische Malerei zur Weltklasse gehörte, sondern, dass es ihm gelungen war, seinen Sohn mit der einzigen Tochter des Englischen Königs zu vermählen und ihn dadurch in die Erbfolge des Englischen Königs zu stellen.

Die Hochzeit war nicht ganz nach dem Geschmack des damaligen Königs von England, in den Augen vieler Engländer war diese eine Mesalliance, aber der englische König war derart unter politischem Druck aus Schottland und Irland, dass er schliesslich in die Kinderhochzeit seiner ältesten Tochter einwilligte.

Die auf dem Bild neunjährige Mary gebar ihrem Gatten neun Jahre später, also mit knapp achtzehn einen Sohn, der später tatsächlich König von England wurde: König William III.

Mary verstarb 1660 mit 28 Jahren, ihr Mann Willhelm hatte seinen Sohn nie kennengelernt, er kam bereits zehn Jahre früher um, er starb mit 23 Jahren an Windpocken.