Gärtnerin 1930er Jahre © Fotoarchiv der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde
Gärtnerin 1930er Jahre

Die Gärtnerin

Tätigkeiten rund um Gartenpflanzen, wie Säen, Pikieren und Eintopfen wurden als haushaltsnahe Arbeit angesehen, darum konnten Frauen früh den Beruf der Gärtnerin ergreifen. Vor 1900 gab es noch kaum Berufe für Frauen. Berufsarbeit war Männerarbeit.

Das Bild der jungen Frau, die an der frischen Luft mit nackten Armen Setzlinge pikiert, überrascht mit seiner Modernität. Die Frisur der konzentriert arbeitenden Gärtnerin könnte von heute sein. Sie trägt einen kurzen Undercut am Hinterkopf und längeres, nach hinten gekämmtes Deckhaar. Männer wie Humphrey Bogart liessen sich damals in Filmen so frisieren. Frauen getrauten sich vor 90 Jahren ausserhalb der Bohème von Grösstädten eher selten an solche gewagten Kurzhaarschnitte.

Das Bild der konzentriert arbeitenden Gärtnerin mit dem Herrenhaarschnitt stammt aber aus der offiziellen Diasammlung der Berufsberatung der Stadt Zürich. Mit diesem Bild, sollte in den jungen Frauen die Lust geweckt werden, Gärtnerin zu werden.

Ich finde, es wirkt noch heute. Die abgebildete Gärtnerin hat nicht nur eine umwerfende Frisur, ihr Körper drückt Kraft und Gelassenheit aus. Sie arbeitet konzentriert an der frischen Luft und auch wenn die Arbeit weder prickelnd noch besonders kompliziert aussieht, bekommt sie durch diese Gärtnerin einen tieferen Sinn. Sie verweist jedenfalls nicht auf dumpfe Hausarbeit, sondern sie hat etwas Kämpferisches, was gut passt zur Geschichte der Berufsbildung der Frauen in der Schweiz. Hier ist sie:

Warum Frauen ausgeschlossen waren

In der Schweizer Politik träumte man gegen Ende des 19. Jahrhunderts davon, dass Frauen nicht arbeiten mussten. Man stellte sich vor, dass Männer einfach mehr verdienen konnten, so dass es auch für Frau und Kinder reichte. Davon träumten Bürgerliche ebenso wie die Gewerkschaften.

Auch wenn vor 100 Jahren noch sehr viele Frauen als Fabrikarbeiterinnen arbeiteten oder als Hausangestellte ihren Arbeitgebern das Leben erleichterten, der Traum von einer Familie mit einem Familienvater, der das Geld verdiente und einer Frau die seine Kinder erzog und ihm den Rücken frei hielt, war sehr verbreitet. Es wurde völlig ausgeblendet, dass es auch Frauen gab, die vielleicht gerne unverheiratet in einem eigenen Haushalt leben wollten, und dass es alleinerziehende Frauen mit Kindern gab.

Damit die Frauen nicht auf die Idee kommen konnten, ein eigenständiges Leben ohne Mann und Familie zu führen, blieb Berufsausbildung lange nur auf Jungs beschränkt.

Damals wurde es zur Selbstverständlichkeit, dass ein Mann mit Ausbildung nach seinem Abschluss sich selbst ernähren konnte. In immer mehr Berufen reichte sein Lohn auch für ihn, seine Frau und seine Kinder.

Damals etablierte sich die Ordnung des Ernährerlohns, der das Familieneinkommen an den Vater und Mann knüpfte, Frauen sollten in Arbeiterfamilien zuverdienen, aber in wohlhabenderen Familien wurde den Frauen nahegelegt, zuhause zu bleiben und die Lohnarbeit anderen zu überlassen.

Hauswirtschaftliche Ausbildung als Frauenbildung für alle Frauen

Die damalige Frauenbewegung setze sich damals stark für die Frauenbildung ein, unterstützt wurde sie beispielsweise durch die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG), allerdings fürchtete man ein allzu forsches Auftreten. Darum wurde die Idee der Frauenberufe lanciert. Damit waren Berufe gemeint, die in den Augen der Zeitgenossen besonders auf das Wesen der Frau zugeschnitten waren, selbstverständlich waren alle diese Berufe vergleichsweise schlecht bezahlt. Einige kennen wir heute noch: Pflegefachfrau, (damals Krankenschwester) Kindergärtnerin, oder Schneiderin.

Vor hundert Jahren begann man damit, den Frauen systematisch eine Haushaltsausbildung zukommen zu lassen. Es entstanden hauswirtschaftliche Schulen für Bäuerinnen, Arbeiterinnen und hauswirtschaftliche Institute für Frauen aus bürgerlichen Familien.

Frauenbildung war in erstern Linie hauswirtschaftliche Bildung. Dennoch drängten die Frauen auch in andere Berufe, ins Büro beispielsweise. Aber die Männer fürchteten die Konkurrenz, denn wenn Frauen schneller tippen konnten als Männer, warum sollten dann die männlichen Bürolisten bessere Löhne bekommen?

Wir wissen heute, dass man für dieses Problem den Beruf der Stenotypistin erfunden hat, also einer Tipperin, die nichts anderes tun durfte als Briefe und Protokolle abtippen. Dieser Beruf wurde zwar mittlerweile wieder abgeschafft, aber die Ausbildung zur Gärtnerin gibt es heute noch.

Das Bild der starken Gärtnerin aus den 1930er Jahren zeigt, wie viel Energie es brauchte, um die Frauen beruflich den Männern gleichzustellen.

Dieser langwierige Prozess ist bis heute noch nicht ganz abgeschlossen.