Alice B Toklas Gertrude Stein @Alamy

Paare

Die Geschichte ist voll von Paaren. Es gibt berühmte Paare, über die Opern geschrieben wurden wie Caesar und Kleopatra, es gibt erstaunliche Paare, die einem Respekt abringen, wie zum Beispiel Brigitte und Emanuel Macron und es gibt Paare, die zusammen Unmögliches möglich gemacht haben wie Gertrude Stein und Alice B. Toklas, die der modernen Kunst und Literatur zum Durchbruch verholfen haben. Es gibt aber auch Forscherehepaare wie Ugur Sahin und Özlem Türeci, die in neun Monaten einen Impfstoff gegen Corona entwickelt haben. Paare faszinieren uns. Paare können einander zu Höchstleistungen anspornen, sie können einander aber auch das Leben zur Hölle machen. Trotz immer noch sehr hoher Trennungszahlen werden laufend neue Paarbeziehungen eingegangen, was ist eigentlich so spannend am Paarleben?
Alice B Toklas Gertrude Stein

Ort der Liebe

Das Paar ist die wichtigste Rahmung für erotische Liebe, dafür wurde der Paarbegriff in letzter Zeit auch erweitert. Neben der Ehe und der Zweierbeziehung, finden sich heute Paarformen auch in Dreiecksbeziehungen in serieller Monogamie, im Seitensprung und auch in Formen der Polyamorie. Das Paarleben ist also zum Experimentierfeld für die Geschlechter geworden. Hier kann nach Herzenslust gestaltet, verhandelt, experimentiert werden.

Leider erlahmt jedoch nicht nur die Leidenschaft in vielen Paarbeziehungen, sondern oft auch die Gestaltungslust. Das ist schade, denn Paarbeziehungen können oft viel mehr, als wir denken oder meinen.

Das Paarleben ist zum Experimentierfeld für Geschlechter geworden.

Neue Freiheiten für Paare

In den vergangenen Jahrzehnten haben Paare neue Freiheiten erlangt. Sex vor der Ehe ist zur Normalität geworden, noch zur Jugendzeit meiner Eltern war vorehelicher Sex tabu und es wurde als Schande angesehen, wenn eine Frau vor der Eheschliessung schon schwanger war.

Im Zuge der 68er Bewegung wurde auch das Zusammenleben von Paaren ohne Trauschein möglich und später alltäglich. Konkubinatspaare geniessen bis heute sogar steuerliche Vorteile, sie werden allerdings sozialversicherungsrechtlich im Todesfall oder bei einer Trennung benachteiligt.

Die grössere Offenheit gegenüber unverheirateten Paaren erstreckte sich auch auf gleichgeschlechtliche Paare. Seit 2007 können sie ihre Partnerschaft auch staatlich registrieren lassen in Form einer eingetragenen Partnerschaft. Letztes Jahr wurde die Ehe für alle vom Volk klar angenommen, damit werden gleichgeschlechtliche Paare vor dem Standesamt gleichbehandelt wie heterosexuelle Paare.

Chance für neue Lebensformen

Es brauchte viel Mut und persönliches Engagement von vielen Menschen, um die enge Vorstellung von Paaren als Ehepaaren zu durchbrechen, aber die Anstrengungen haben sich gelohnt, denn noch nie waren die Gestaltungsmöglichkeiten für Beziehungen zwischen Menschen so gross wie heute.

Moralische Beurteilungen, die früher die Paarbildung streng reglementierten sind einer grossen Offenheit und Toleranz gewichen. Auch in ländlichen Gebieten können gleichgeschlechtliche Paare heute unbehelligt leben. Religionszugehörigkeit spielt bei der Partnerwahl kaum mehr eine Rolle und auch Verbindungen zwischen Einheimischen und Partnerinnen oder Partnern aus dem Ausland werden gut akzeptiert. Natürlich leben wir noch nicht im Paradies, Gehässigkeiten kommen vor, aber die Voraussetzungen für gleichberechtigte und faire Partnerschaften sind da.

Es gilt also den individuellen Handlungsspielraum zu nutzen.